Vier Wochen wollen wir die baltischen Staaten Litauen, Lettland und Estland entdecken. Unser Ziel ist Tallin. Wir wollen allerdings nicht in kurzer Zeit alle bekannten Sehenswürdigkeiten dieser Länder abfahren, sondern uns Zeit lassen für mehr. Hier unser Reisetagebuch:

Übersicht über unsere Standorte

  1.  Start nach Hamburg – Claras Geburtstag – Von Hamburg zur Fähre in Kiel
  2. Auf der Fähre nach Klaipeda – Kempinga Deverna- Rollertour nach Vente – Mit Fähre und Rad auf die Nehrung
  3. Von Dreverna nach Verbejniecki – Sonne und Strand in Verbejnieki – Liepaja: Eindrücke und Gedanken – Ventspils:Badeort mit Se(h)ekühen
  4. Ventspils per Rad und Bahn – Kap Kolka – Kap Kolka, Rollertour und ein Treffen – ein Sonnenaufgang und Weiterfahrt nach Tuja
  5. Camp Jurasdzeni in Tuja – Strandtag in Tuja – Ab auf die Insel….Saaremaa – Kuresaare, die schöne Inselhauptstadt
  6. Erstens kommt es anders…Haapsalu – Tallinn – Tallinn und Weiterfahrt nach Pärnu
  7. Pärnu Stadt und Valgeranna – Jööpre, Lavasaare, Audru und Valgeranna – Das Beste kommt zum Schluss- Riga, Riga-Markthallen und Kanalfahrt
  8. Berg der Kreuze und Kaunas, Dreverna, Klaipeda und Fähre, Rückfahrt, Fazit.

Tag 1: Erst einmal nach Hamburg…nur wie?

 13. Juli 2019 in Deutschland ⋅ ⛅ 17 °C

Unser Stellplatz: Knaus Campingpark Hamburg
Wunderbrunnen 2,
22457 Hamburg
53° 38′ 56.38“ N, 9° 55′ 47.55“ O

Stau auf der A 7

Das letzte Mal Sommerferien in meinem Leben und damit sind wir das letzte Mal beim Reisen auf die Hauptsaison angewiesen. Wie fühlt sich das an? Zunächst einmal super gut. Vor allem, weil jetzt endlich Ferien sind. Urlaub und Ausspannen habe ich dringend nötig. Ich fühle mich grippig und zerschlagen. Vor den großen Ferien ist es ähnlich wie vor Weihnachten: alles muß bis zum Tag X erledigt, geordnet, besorgt, geschrieben, geräumt und gemacht werden. Wenn dann Schulschluss ist und die Ferien beginnen, komme ich mir vor wie ein Luftballon, aus dem alle Luft entweicht und der irgendwo platt am Boden landet.
Nun …inzwischen schwebt er schon wieder, denn auch die Vorbereitungen für eine vierwöchige Fahrt wollen erledigt werden.
Wir sind deshalb nicht gleich Freitag nach Schulschluss gefahren, sondern heute, am Samstagvormittag. So blieb Zeit, alles in Ruhe zu packen und Haus und Garten ordnungsgemäß zu verlassen.
Es ist 10.30 Uhr als wir starten, bei 12 Grad und Nieselregen und Voraussagen im Radio über etliche Staus auf der Strecke bis Hamburg. Kein schöner Start in den Urlaub, in dem wir das Baltikum kennenlernen wollen.
Für Hamburg sind zwei Tage geplant, um unseren Sohn Jan-Michel zu besuchen und mit Clara, unserem Enkelkind, am Sonntag Geburtstag zu feiern.
Am Montag soll es weiter nach Kiel gehen, um am Abend die Fähre nach Klaipeda (das frühere Memel) zu nehmen, und um am Dienstagabend hoffentlich unversehrt in Litauen anzukommen.
Aber davor steht im Moment die riesige Blechlawine auf der A7 . Das Navi korrigierrt die voraussichtliche Ankunftszeit alle paar Minuten nach oben und teilt uns permanent mit, dass es Bauarbeiten auf der A7 gibt. Ich glaube, wenn sich Mathilde, so heißt unser Navi noch einmal meldet, zieht der inzwischen sichtlich genervte Michael ihr das Kabel und macht sie so mundtot. Ist die gewählte Route über A7 wirklich die bessere oder wären wir über Land bis zur Autobahn Bremen nicht besser gefahren?
Es staut, geht dann „stop and go“ etwas weiter, ein Geduldsspiel. Unsere Ankunftszeit ist inzwischen über eine Stunde nach oben korrigiert worden. Auch Mathilde hat keine Vorschläge wie wir diesen Riesenstau umfahren können.
Es ist 15.15 Uhr, als wir endlich nach 5 Stunden für 200 km unser Ziel in Hamburg, den Knaus Campingpark neben Ikea erreichen. Hier haben wir vorsichtshalber für zwei Tage reserviert und das war eine gute Entscheidung. Nicht nur, dass dieses Wochenende eines der verkehrsträchtigsten Urlaubswochenenden in ganz Europa ist, egal ob nach Norden oder Süden, es steht in beiden Richtungen, sondern in Hamburg ist auch noch „Schlager Move“, eine Straßenparade, die zusätzlich ca 300 000 Besucher angelockt hat. An einen Stellplatz in der Innenstadt ist für ein Wohnmobil mit Anhänger an diesem Samstag nicht zu denken.
So stehen wir im Grünen und haben reichlich Platz. Es ist wie eine stille Oase nach all dem Baustellen- und Autogewirr. Die Innenstadt ist mit dem Nahverkehr gut zu erreichen und was noch viel wichtiger ist: Jan- Michel und Clara wohnen nur knapp 2 km entfernt.

Knaus Campingpark


Mit Jan- Michel haben wir uns heute Abend in der Innenstadt zum Essen verabredet. Wie besprochen, holt er uns um 19.00 Uhr mit dem Auto ab. Aber damit fahren wir nur bis Niendorf zur U-Bahnstation. Mit der U-Bahn kommt man schneller und unproblematischer in die City. Vom Campingplatz aus fährt während der Ikea- Öffnungszeiten ein Bus zur U-Bahnstation Niendorf und von dort kommt man in ca 20 Min mit der U2 direkt ins Zentrum. Die lästige Parkplatzsuche entfällt. Unterwegs steigen viele kostümierte Fahrgäste ein. In den Straßen von St.Pauli geht die „Schlager Move Party“ weiter. Wir steigen am Gänsemarkt aus. Nur wenige Schritte entfernt liegt das „Sidehotel“. Im dortigen Restaurant „Meatery‘ wollen wir essen. Nichts für Veggies oder Veganer. Aber das Steak ist fantastisch. In sogenannten Reifeschränken hängt das Fleisch, aus dem die Steaks geschnitten werden.

Foyer Sidehotel
Reifeschrank


Nach dem leckeren Essen machen wir noch einen Verdauungsspaziergang zum Jungfernstieg und an die Innenalster, auf der die abendlichen, illuminierten Ausflugsboote zurückkehren. Es ist wenig los an diesem beliebten Ort. Es ist kühl und ungemütlich, und die Menschen feiern lieber den „Schlager Move“ in den Straßen von St.Pauli. Mit der U-Bahn geht es zurück nach Niendorf und dann zurück zum Campingplatz.


Tag 2: Hamburg: Clara hat Geburtstag

 14. Juli 2019 in Deutschland ⋅ ⛅ 15 °C

Claras 9.Geburtstag

Heute ist der große Tag: Clara hat Geburtstag und wird 9 Jahre alt. Um 10.00 Uhr sind wir zum Geburtstagsfrühstück eingeladen. Um kurz vor 10.00 Uhr kommt Lena zum Campingplatz, der ja in unmittelbarer Nähe der A7 an der Ausfahrt Schnelsen liegt, um uns abzuholen, Sie ist bereits um 7.00 Uhr am Morgen im Bad Oeynhausen gestartet, um pünkltlich beim Geburtstagsfrühstück dabei zu sein.
Mit viel Hallo werden wir empfangen, und Clara ist in der nächsten Zeit erst einmal voll damit beschäftigt, ihre Geschenke auszupacken.
Nach dem Frühstück machen wir einen gemeinsamen Spaziergang zum nahegelegenen Park und zum Spielplatz. Unser Geburtstagsgeschenk, der Roller, muss ausprobiert werden.
Zum Geburtstagskaffeetrinken kommt Claras Freundin Banessa. Sie spielt im Musical „Tina Turner “ Tinas kleine Schwester und erzählt uns, dass sie bereits 16 Auftritte hatte. Da das Musical täglich aufgeführt wird, ist jede Rolle mehrfach besetzt. Durch die Freundschaft mit Banessa hat Clara bereits das Musical gesehen, das bei uns noch auf der Wunschliste steht.
Nach dem leckeren Geburtstagskuchen, den es für Lena auch in veganer Form gibt, bringt Lena uns zurück zum Wohnmobil, bevor sie zurück nach Bad Oeynhausen fährt. Wir lassen den Tag ruhig ausklingen, während sich Lena durch einige Staus auf dem Nachhauseweg quälen muss.

Tag 3: Von Hamburg nach Kiel auf die Fähre

 15. Juli 2019 in Deutschland ⋅ ⛅ 15 °C

Unser Stellplatz: Fähre Kiel-Klaipeda

Im Fährbüro beim Einchecken

Der heutige Tag ist ein richtiger “ Im-Urlaub- ankommen-Tag“. Wir haben mit der Weiterfahrt nach Kiel noch bis zum Nachmittag Zeit. Und so wird zunächst einmal richtig ausgeschlafen. Frühstück gibt es bei Ikea gleich nebenan. Dass wir anschließend noch durch die Ausstellung bummeln, versteht sich von selbst. Endlich haben wir mal Zeit dafür, denn das graue Wetter ermutigt nicht grade zu irgend welchen Outdoor-Aktivitäten. Zum Sightseeing in Kiel, vor der Fähre, hat auch keiner von uns richtig Lust. Dazu müsste ich auch erst wieder richtig fit sein. Den Urlaub habe ich grippig, zerschlagen und mit Reizhusten angetreten. So nehme ich die Gelegenheit zu einem ausgedehnten Mittagsschlaf wahr, bevor wie unsere Rucksäcke für die Fähre packen. Einmal ausgestiegen, kommen wir bis Dienstagabend nicht mehr an die Dinge heran, die im Wohnmobil sind.
Da heißt es gut überlegen, was wir mitnehmen müssen. Gegen 15.00 Uhr koppeln wir den Hänger an und bezahlen. Und dann gehts endlich los nach Kiel. So richtiges Urlaubsfeeling will sich allerdings noch nicht einstellen. Dafür ist es zu kalt und der Himmel mit seiner grauen Wolkendecke tut sein übriges dazu.
Die Anfahrt zum Kieler Osthafen ist etwas kompliziert . Aber für so was haben wir ja Nathilde, unser Navi. Bei der Ankunft staunen wir nicht schlecht: Die Wartespuren sind bereits voll. Ein Einweiser schickt uns auf einen kleinen Parkplatz. Dort sollen wir das Womo abstellen und die Boardingcard holen. Er würde uns um 18.00 Uhr von dort abholen. Leider gibt es auch auf dem Parkplatz keinen Platz für uns, und so stellen wir uns notgedrungen auf den dortigen Fahrstreifen neben ein Mobil aus Stade. Das Einschecken geht problemlos: Nummer ziehen, warten bis die Nummer aufleuchtet, und dann den entsprechenden Abfertigungsschalter aufsuchen. Der nette Angestellte weist uns darauf hin, dass in Litauen die Uhren anders ticken. Wir müssen die Uhr eine Stunde vorstellen. Kaum sind wir am Wohnmobil zurück, setzt sich das Mobil aus Stade neben uns in Bewegung. Jetzt haben wir den Platz, um in Fahrtrichtung der Wartespuren zu drehen und uns anzuschließen. Von da an beginnt eine ziemlich nervige Warterei. Warten, bis wir uns auf die Wartespur einfädeln können. Warten, bis wir zum Gate durchgewunken werden. Der Zoll durchstreift inzwischen die Fahrzeuge und kontrolliert das eine oder andere. Es stehen dort auch einige herausgewunkene Pkws und Wohnmobile, die das Einchecken vergessen haben. Wieder warten, bis wir zur Fähre geleitet werden. Hier bekommen wir eine extra Spur, weil wir mit Hänger zu lang sind. Und dann wieder warten, bis wir das Zeichen zur Auffahrt auf die Fähre bekommen. Inzwischen sind bereits alle PKWs , Fußgänger und Radfahrer an Bord. Die Fußgänger werden mit einem Shuttlebus zum Schiff gefahren Die kleine Gruppe Radfahrer, die mit Zelt und Kinderanhänger unterwegs ist, muss hinter einem Escortfahrzeug her trampeln. Endlich dürfen auch die Campingfahrzeuge auf die Fähre, und da sind wir gleich das Erste. Ganz eng zwischen LKWs kommen wir zum Stehen. So eng, dass ich kaum mit meinem Rucksack aussteigen kann.


Ein ohrenbetäubender Lärm, ausgehend von den auffahrenden LKWS und Wohnmobilen, umgibt uns. Hinter uns hält ein Vater seinem kleinen Kind, das vor Angst schreit, die Ohren zu, bis der Rest der Familie das Wohnmobil verlassen hat .
Voller Erstaunen stellen wir fest, dass alle nachfolgenden Wohnmobile rückwärts auf die Fähre fahren müssen. Hoffentlich bedeutet das für uns nicht, bei der Ankunft rückwärts mit dem Hänger die Fähre verlassen zu müssen. Aber daran wollen wir erst einmal nicht denken. Im Gewühl der Fahrzeuge suchen wir den Aufgang zur Passagierdeck, den wir auf der Backbordseite ganz hinten finden und steigen die Treppen bis zur Rezeption hoch. Auch hier heißt es noch einmal warten, bis wir unseren Kabinenschlüssel bekommen. Die Kabine befindet sich auf Deck 6. Da es auf der Fähre nur zwei Decks mit Kabinen gibt, finden wir die unsere relativ schnell. Leider haben wir bei der Buchung nur noch eine Innenkabine bekommen. 10 qm groß, mit 2 Betten und einer Nasszelle. Schnell packen wir unsere Habseligkeiten aus. Es ist kurz vor 20.00 Uhr deutscher Zeit, kurz vor 21.00 Uhr in der litauischen Zeitrechnung. Wir sind an Bord und das Abenteuer Fähre kann weitergehen.